XXV. Jahrgang, Heft 142
Okt - Nov - Dez 2006/4

 
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Letzte Änderung:
03.06.2006

 
 

 

 
 

 

 

Necati Mert´s Kolumne

Weltbilder Kosmopolitania
schwarz-brünett-gelb

   
 
 

Der folgende Text - eine Collage aus Fragmenten der Poetik, Kritik und essayistischen Ästhetik, an sich eine Reprise des Schrifttums seines Urhebers - jagt keinen aufklärerischen Ambitionen hinterher und versteift sich in erster Linie auf das Arrangement des Rebellischen à la Don Quichotte mit dem Utopischen wider das real Martialische der marktparaten Marodeure und Marien-Jünger.

Die Hollywood getreu inszenierten Kampagnen der cäsarischen Kamarilla torpedieren jeglichen Ausblick auf einen mondialen Morgen des Urbehagens, die Rauchfahnen ihrer gemäß dem Jägerlatein der Terrorismus-Tortur regulierten Kanonaden überschatten den daseinsgerechten Tagtraum, führen die Lebenswelten mithilfe von Zwist und List hinters Licht, zwingen das übergroße Quantum planetarer Menschentrauben in die Quarantäne der sozialen Krummbuckel - unter das kulturalistisch wie neorassistisch kultivierte Kuratel der nordischen Zitadellenzivilisation. Die supranational nivellierte superimperiale Faktion der Kleptomanie und die mit Menschenrechtsmemoranden manifestierte Fraktion der Demokreaturen pflanzen ihren koalitionären Kompaß, den Antipoden der globalen Kastenpyramide Mores zu lehren. In Hysterie gerät die Regentschaft der Hyänen, wenn dienstbeflissen gedrillte Hilfsdirigenten ihrer digitalen Singakademie von der marktschreierischen Partitur der hoffährigen Humanität abirren und zum Verstummen neigen.

Vom gesitteten Vormachtstreben inszeniert sind die demokreativen Vornehmtuer des ökonomischen Spasmus für jeden Spaß zu haben, wenn es sich um die Feuertaufe dreht, den Krisenkurs des Globalismus-Kometen zu überdauern. Sie blasen ins schrille Horn des Gedankengebäudes Pentagoniens, dividieren die Ausbeute unter den Usurpatoren und Ultras des Uncle Sam, teilen den Planeten in Reservate der wertgemindert Überflüssigen und Residenzen der mildtätigen Honoratioren auf.

Durchaus marginal ist dabei, daß die Pauker der Privatier-Partei eine Medikaster- Kaste mit Katastrophen-Karriere im Elfenbeinturm installieren. Als stämmig genug bricht die Apotheose des perfektionierten Rechtes aufs Privateigentum hervor, um die hypothetische Parvenüs-Oase der prometheischen Stammhalter in den Annalen der Geschichtsschicksale zu prämieren.

Der Isthumus zwischen Arkadien der Privatier-Piraten und Fakiristan verschwindet oder verwandelt sich in Serpentinen der globalen Outsider.

Im Herzstück der Feuertaufe, die die unoversal vermummten Großkopferten der Mäuse-Monarchie austüfteln, quillt das Pathos der durch den allgemeinen Urnengang partizipierten Prinzipale des Gewaltkartells. Sie posaunen mit dem konsensheischenden Propaganda-Pokal und jagen die Antagonisten zum Tempel hinaus. Im Hintersitz der neofeudalen Planierraupe hantiert der Heiland.

Nach der Spitzen-Hitze im Jahrhundertsommer versinkt der Lichtblick auf ein wohlgemutes Weltgebäude im sozialen Gefüge, erstreckt sich der abgründige Gürtel des metropolitanen Erwerbslosen-, Kranken-, Kinder- und Altenelends. Die Potentaten der imperialen Republik vom Kennzeichen D im Verbundnetz EU bringen die hantierten Mühlen des agitationsartig kreierten Krakeel in Schwung, um die aufsässigen Ambitionen der marginalisierten Besitzstände und enteigneten Schichten zu sabotieren.

Was die Fungesellschaft prägt, präferiert der untertänige Staatskerl der Krautjunker. Manipulierte Gebärden des werktäglich reformulierten Reform-Gestammels an den enteigneten Besitzstand hat den schlüssigen Wortlaut: Anverwandte der Schicksalsgemeinschaft sollen den Gürtel ein paar Löcher enger schnallen, damit das Abfeiern der Marktmären nicht abhanden kommt und das Hohelied vom Malocher-Ethos sich nicht abfeilen läßt.

Mandatar-Macher und Manier-Magister gerieren sich als Bildschirm-Dublette, referieren über die dünkelhaften Bezieher öffentlicher Wohlfahrtsbezüge, die, wie am televisionär modellierten Stammtisch der Parteibasis-Barden erdichtet, per Taxi ihren Aldi-Besuch beschreiten oder die Sozialstaatssäulen über den Löffel barbieren, indem sie sich mit der Arbeitslosenhilfe eine Ferienpause am Mittelmeer genehmigen. Dann gibt es jene Nassauer akademischen Typus, die der Angaria nicht zu Diensten stehen. Ihnen hielt der Apologie-Apostel der Rentier-Poesie mit dem sozialdemokratischen Aufklebeschild, Olaf Scholz, kürzlich per Glotzophon eine Standpauke: "Die Arbeit, die jemand anderer macht, kann für einen selbst nicht unwürdig sein." Unwiederbringlich dahin sind somit die Zeiten der Bernstein-Stammhalter, die den Gleichklang zwischen Klassen suchten, indem sie aus der imperialistisch geernteten Ausbeute ein paar Happen an das tatkräftige Unten transferieren ließen. Gegenwärtig haben sie den Pleitier-Park der Privatiers zu bemuttern und dafür zu sorgen, daß im Besitzlosen-Parkett die Bäume nicht in den Himmel wachsen.

Der Monsun der monetären Monarchie übergreift das Weltganze, heult besonders monströs an den Blech- und Strohdächern der trikontinentalen Horor-Slums. Hinter herrischen Silhouetten der Berolina fabriziert das Auswärtige Amt Fabelhans', versendet in alle Breiten der Erdkugel Leitfäden für völkisch konstruierte kulturelle Identitäts-Idome, verpackt im Menschenrechtsmemorandum der Marie-Jünger in der Mäuse-Domäne. Daß sich an allen Ecken und Enden des Morgen- und Sonnenlandes die Stammes-Groupies aneinander an die Kehle fahren, dieses Ungetüm perfektionieren die lauen Plattitüden des abendländischen Humanitarismus im platten Auftropfen des privaten Eigentums. Solange die Schmach auswärtige Taufnamen trägt, das Ungemach außerhalb des Limes metropolitaner Mekkas haust, können die beutel-betuchten Gutleut-Viertel aller Sorgen ledig weiter leeres Stroh dreschen oder Maulaffen feilhalten.

Im Denunzianten-Stadel geht die kopfgesteuerte Legitimationszunft des höchstkapitalistischen Geschichtskapitels mit cäsarischen Zombies der Zivilisationszucht hausieren, als deren Kleinod die High-Tech-Killer-Trecker flimmert - inzwischen verbandelt mit der nichtregierungsorganisierten Loyal-Lobby und Granaten-Garben der humanitären Interventionsgarden. Sie reformuliert Reformen, das Redundanten-Quantum bis aufs qualitativ taugliche Novum zu reduzieren, referiert vor dem Hinterbänkler-Parkett, nennt das kulturalistische Mobiliar ihr Eigen, flaniert hinter Mauern, Stacheldrähten und Minenfeldern des imperialen Limes

Hier, das Augenmerk des Sicherheitsbedürfnisses einwärts reguliert, hantieren die skandierenden Reibach-Reimer und skandalisierenden Ressorts-Regimenter des standortechten Souveräns kunstgerecht mit Eben- und Gegenbildern. Das facettenreiche Faktum, daß die tief faltige Greisen-Gesellschaft eingewanderte Gesellen als Humankapital, Heloten und saisonale Feldflursöldner braucht, wenn die Politokraten-Zunft in Zukunft ihrer Klientel ein Gelübde ablegen, wird auf den Kopf gestellt, mit Latrinenparolen die Tretmühle so verwässert, daß alle Welt um jeden Preis geradewegs in die betuchten Zitadellen zieht.

Hier brauen die Metaphern von Sansculotten-Sonetten und selektiertem Separieren absonderlich zusammen. Angebliche Integrationsangebote determinieren von Haus aus die Assimilationspflichten. Ein Sachverständigenrat, den der graue Fachminister immigrantischer Impressionen für die hegemonial diktierte Diktion des ulkigen Klamauks unter dem Vorsitz der beflissenen Heroin humanitärer Husaren, Rita Süssmuth, einberief, hat die kulturalistische Homogenität des Volksstaates zu akklamieren.

Das System Demokratie erweist sich gerade in diesem Kontext als Plattform der Demagogie. Seine Agens inszeniert den Zusammenstoß der Kulturen, kombiniert – ideologisch festgefahren in den Kategorien der "Abstammungsgemeinschaft" – mit Fragmenten mitgebrachter Eigenart, Denk- und Daseinsform ethnischer Gettos, Parallel- oder Gegengesellschaften. Schwer ist das eigene kulturalistische Gepäck. Eine seit drei Jahrzehnten etablierte Kolonisatoren-Gilde im NGO-Gewand sorgt dafür, daß sich am Komplex Migration nichts Essentielles ändert – außer einer explosiver Emballage ethnisch-minoritärer Identitätsidyllen.

Alternierte Allegorie, wenn das Tagblatt der bundesdeutschen Gutleut-Gemeinde "die tageszeitung" mit einem - auch finanziell geleisteten - Beistand des PRO ASYL e.V. ein Extra vom 2./3.10.2003 druckt und auf zwölf Seiten flucht-migrantische Porträts placiert, ist ein guter "Tag der deutschen Heimat" - so lautet nämlich der Dossier-Titel, welches auf den "Tag des Flüchtlings am 3. Oktober" Bezug nimmt. Ob provokativ oder plakativ, solche Konterfeis kommen nur vor, wenn sie eine Gesinde-Gesinnung präsentieren - als Material beim Aufbau einer Zivilgesellschaft traditionell kolonialer Kernbestände.

Altbackenes Allerlei, wenn das wöchentliche Zentralmagazin der pangermanisch prädominierte Republik "Der Spiegel" unter "Das Kreuz mit dem Koran" ein Kopftuch-Dossier fabriziert, einen Kulturkampf erdichtet und sich vorab zusammenreimt: "Islamisten stellen die Grundwerte der bürgerlichen Demokratie in Frage. ... Die Integration der drittgößten Glaubensgemeinschaft droht zu scheitern." Im zirzensischen Agentenstadel des "Spiegel" nehmen die denunziatorischen Kapriolen überhand, erstrecken sich die Fährten des Fundus islamischen Fundamentalismus, auf denen der teutonische Kumpanen-Konvoi der Pappheldin Fereshta Ludin tourt. Darin bekommt die Gebieterin der Dragoner-Domäne und VerseschmiedIn der Emanzipations-Apotheose Teutonistans, Alice Schwarzer, zu Gesicht, was zuvor noch keiner sah: den "Schleier der Frauen", der "die Flagge der islamistischen Kreuzzügler" sei.

Wenn die elitären Eleven der Mediakratie in der dritten Woche der vierten Jahreszeit aufs neue die weltgrößte Buchmesse in Mainhatten coram publico präsentieren, die mit Friedenspreis-Pulver politierten Outfits illustrieren und papierene Produkte der Printimperien als Evergreen-Material und Extra-Exemplare der Event-Architektur lobpreisen, dann sind die Zeiten unwiederbringlich dahin, in denen die Schreiberlinge der nonkonformistischen Wortkunst ihren Blütentraum vom Durchbruch ihres Handwerks hatten. Gern gesehen sind sie an den Standrändern der Druckkosten-Zuschuß-Verlage pder der digitalen Verlagsservice-Center.

Hier zeigt der super-imperial proklamierte Globalismus sein wahres Gesicht. Die Luft ist dünn oben auf der planetar artikulierten Kastenpyramide, unter der sich weit und breit die Weltbilder Kosmopolitania schwarz-brünett-gelb ausweiten. Hier im herrischen Unterland der Filzokratie ist das libertäre Blätterwerk DIE BRÜCKE dem zünftigen "Aus-Druck" ausgesetzt - wegen ihrer aufsässigen Route zu einem Planeten universaler Morgenblüten, der Utopia. Aber sie wird kein Ende nehmen - konträr dem imperialen Dorngesträuch Teutonistans zu widerstehen.

   

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