XXV. Jahrgang, Heft 142
Okt - Nov - Dez 2006/4

 
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Letzte Änderung:
03.06.2006

 
 

 

 
 

 

 

Necati Mert´s Kolumne
Habichte häuslich
        über den Hausdächern der Hyänen
                mit der Hymne der Aktionären-Ära

Rühmliche Rückkehr des Ständestaatsstrudels

   
 
 

Frühsommergedanken über den letzten Schrei der nordisch arischen Nomenklatur und dessen Nonplusultra, über den kalten Kurs des Konfliktkometen im germanischen Kulturkosmos, über die krawaleske Kamaraderie und Revue-Rivalen vor Kameras, über Clandestinos unter Hesperos, über die integrationale Märtyrermache für die deutsche Frage, über Postillon-Poesie im Krötenkrug und andere diskursive Antiquitäten aus dem majoritär autoritären Zirkusrund

Von Necati Mert


Der Zeitraum, in dem vorliegende Notate entstanden, umfaßt etwa vier Wochen vor dem Anpfiff der (Wett)Kämpfe in den Stadien, wo es nicht um Spiele und Spaß geht, sondern um Siege und Spasmus. Da konnte sich der Süden endlich auch einmal brüsten und den Norden brüskieren.

Wie einmal in jedem Quartal aufs Papier gebracht, folgen die Impressionen des Autors nicht den Maßregeln der prägnanten Planetär-Parolen sowie autokratisch attraktiven Ambitionen, das breite Publikum aufzuklären.

Gerade während der trüben Tage der Atmosphäre, in denen sich der winterliche Frost zurückmeldete statt wie sonst die Sonnenhelle, sind sie mehr emotional als rational gesteigert, rapide gefaßt und rabiat animiert als analytisch gehortet bzw. artikuliert.


Warnzeichen beim sinnverwandten Wandellärm zwischen Sonnenfinsternis und Sintflut

Weit mehr als eine mentale Machtdemonstration enthielt die manierierte Message an die Menschenländer auf dem Erdenrund. Groß-D-Lands Grossisten ließen das hausbackene Affenspektakel der Globalismus-Glocke vom Börsen-Parkett in die Stadien verlagern. Es wurde da wie herbeigesehnt mehr geschrien als gespielt. Oligarchien streckten ihre Oktopoden-Riecher bis auf den Tempelturm der Omnipräsenz. Es wurde orakelt, extrem erst programmiert, nichts dem Zufall überlassen. Denn es ging um das Erstreiten eines erstklassigen Platzes auf dem Orbit der OneWorld.

Welch ein hohler Terminus, der dennoch stämmig wie statthaft dokumentiert, humane Harmonie zwischen nadelspitzem Gipfel und harmlosem Fuß der Besitzpyramide, zwischen Überflußdomänen der Bravour-Barone und Quartieren der überflüssigen Parias zu determinieren. Sein Eintrag als erdverbundene Eintracht zwischen hochkapitalistischen Kasten im geschichtlichen Gedächtnis kann mit dem Eintrittsjahr der USA in den Zweiten Weltkrieg terminiert werden. "One World" lautete der Titel des orakelhaften Opus, den der republikanische Präsidentenschaftskandidat Wendell L. Willkie publizierte.

Den Triumphatoren des Tribut-Trabanten gelang inzwischen die Kunstfertigkeit titanisch, den Karl-Marx-Platz in der Geschichte dicht zu vernebeln, die Klassenkonflikte zu glätten und hinter den gigantischen Touren der Kulturkreistutoren Dampf zu geben.

Seit der Maskeraden-Parade der Perestroika-Meute an der Moskwa hat die historische Parole "Proletarier aller Länder vereinigt euch!" nur noch den Klang einer Persiflage. Und nur noch läßt sich den parodieparaten Lauten eines OneWorld-Orchesters lauschen, das in Top-Etagen der Mäuse-Monarchen dirigiert wird.

Spontanes Sprachkonzert des Standort-Oratoriums hat einen finsteren Weltklang. Seine Spätlinge kosten den spartanischen Stillstand hinter den virtuell stählernen Mauern ihres Eldorados aus. Mit der emporragenden Empathie spielen hochbetagte Herkulesse des Hochbetuchten-Regimes die Gralshüter der Freiheit analog der Freibeuter-Prophetie.

Der Hesperus, der Abendstern des antiken Horizontdenkens, brüskiert das Morgenland, schwärzt es an. Das wirft steinige Schatten auf den Weg derer, die aus den Mega-Slums ausbrechen, um ihr Anrecht aufs Überleben zu demonstrieren. Gerade darauf reagieren die Wachtlegionen der globalen Verkehrslinien, manipulieren mächtig den humanen Humus und die kosmopolitanen Erlebnisse, um jenen Mahr zu attackieren, den sie in persona fabulieren.

Konflikte und Konfrontationen statt kosmopolitaner Konzepte gehören zu jenen Grundsäulen, welche die Generalstäbe Hesperiens fabrizieren. Mit dem frivolen Wortgeplänkel der Humanität hantieren seine Husaren.

Die Sonnenfinsternis, wie sie heute – fiktiv und symbolisch – stattfindet, enthüllt übergenug Details über den Zentralstern der Zivilisationsersten. Ein zyklischer Zustand mit dem zeitnahen Zyklopen-Zorn. Selbst daraus entwickeln die Tüftlergenies des Mythos Markt ertragreiche Event-Entwürfe.

Heile Mächte des Marktes präsentieren sich prometheisch vor einem Plenum, dem die prominenten Spitzen der ständegesellschaftlichen Gewalt als Cäsaren-Zöglinge vorsitzen, stets Sandkastenspiele betreiben und permanent Aufbau-Wettbewerbe von Drohkulissen auf Touren bringen. Es gibt kaum Fähigkeiten, die ihnen als Schwerpunktthemen-Athleten fehlen.

Unter dem Konkurrenzdruck verschlankt sich das Ideal des freien Individuums bis zum Nebelhaften im Mumiengrab. Unbarmherziger Wettkampf bewirkt Mißgunst, kann alltäglich den Unmut der Bedrohten gegen noch Schwächere kanalisieren – bis hin zum martialischen Gefecht. Zweifellos fühlen sich die Verfechter der auf Privateigentum fixierten ökonomischen Doktrin davor gewarnt, dokumentieren sie dennoch als bruchfest verbürgerlichtes Dogma, welches nicht diskutiert werden darf.

Durch den Krieg als Fortdauer der Konkurrenz mit folgenschweren Mitteln erhoffen sich die Dolce-Vita-Duellanten Goldregen und daß sich Blut und Tränen in fette Aktien verwandeln. Gebrauch machen sie auch vom Ellenbogenrecht und rufen unentwegt ins Gedächtnis, daß das Raumschiff Erde in den kosmischen Dschungel geraten kann, wenn ihnen die Dominanz auf dessen Brücke abhanden kommt.

Die Brimborium-Barone der selbst stilisierten Zivilisiertenzone des Globalvillages leben davon, das Lager ihrer Antipoden zur Korrektheit zu zwingen. Gerade darin liegt das System der fiktiven Bravour zwischen Faktum und Abstraktum. Immer wenn Harmonie und Balance zwischen Parvenüs und Parias gesucht wird, finden sich alle vier Gewalten des Regimes für das permanente Politikum zusammen.


Domänen-Dogma: Demokratismus

Der gefährliche Fortgang der gegenwärtigen Gespensterjagd besteht darin, daß die verstockten Verhältnisse kaum einer fundamentalen Kritik unterzogen und offensiv attackiert, geschweige denn affirmativ bloßgestellt werden.

Epochale Argumente benötigt eine solche Kritik, ebenfalls artikulationsfähige Architektur. Das können nur jene Akteure sein, die dem archaischen System des Eigentumserwerbs ein morgenbuntes Gedankengebäude entgegensetzen, welches ihn überwindet.

Gut, daß die linken Prinzipale kein heiliges Buch mehr haben. Aber auf Prinzipien sind sie angewiesen, um auf die Attacken der Prädikanten (Hilfsprediger) und Mullahs des Systems zielgerichtet zu reagieren. Realität ist, daß sie sich kaum abmühen, in den Besitz eines Mittels zu kommen, auf das sie sich stützen müssen, um gehörig agieren und gewachsen gegen den Wertekosmos als kolossaler Fetisch der Hierarchie-Hybris wettern zu können.

Gewiß: Aus dem Ausführlichen des klassischen Marxismus lassen sich keine Schlüsse ziehen, allerdings aus dessen historischen Magazin eine Menge Baumaterial auslesen. Vor allem muß die Geschichte der Gegenwart von Neuem interpretiert werden, ohne die Antagonismen zwischen Besitzständen in Frage zu stellen.

Grundanalysen des Marxismus verfügen über ausgiebiges Gewicht für die gegenwärtigen Gegebenheiten. "Die Bourgeoisie hat enthüllt," läßt sich z.B. im "Manifest der Kommunistischen Partei" lesen, "wie die brutale Kraftäußerung, die die Reaktion so sehr am Mittelalter bewundert, in der trägsten Bärenhäuterei ihre passende Ergänzung fand. Erst sie hat bewiesen, was die Tätigkeit der Menschen zustande bringen kann. Sie hat ganz andere Wunderwerke vollbracht als ägyptische Pyramiden, römische Wasserleitungen und gotische Kathedralen, sie hat ganz andere Züge ausgeführt als Völkerwanderungen und Kreuzzüge."

Doch "mit der Entwicklung der großen Industrie wird also unter den Füßen der Bourgeoisie die Grundlage selbst hinweggezogen, worauf sie produziert und die Produkte sich aneignet. Sie produziert vor allem ihren eigenen Totengräber." Also das Proletariat.

Eine andere Lesart bejaht der traditionelle marxistische Blick auf den künftigen Kurs der erdmenschlichen Emanzipation nicht. Und seine Apologeten halten sich davon fern, ein vom angegrauten Lehrgebäude abweichendes autonomes Auge auf das Heute zu riskieren und zu folgern: Das imperiale Zentrum der globalen Monekratie, das im überspannt wachsenden Maße mit Menschen- und Elendsmanagement fuhrwerkt, zeugt die Totengräber des abgelebten Kapitalismus in Auffanglagern, den abgeschotteten Reservaten der peripheren Parias und Pauperen.

Es gibt kein Proletariat mehr, das zurückkehren kann. Doch die Zukunft liegt in der Hand jener Kräfte, die längst als überflüssig erklärt wurden. Überall verweigern sie ihr Ja zum Demokratismus. Und der Parlamentarismus als Kerngehäuse der Demokratie erweist sich nach jedem Kommando zum Urnengang als Pappenstiel-Posse, die sich mühelos im Sammelpunkt zwischen Potentaten der Pressefreiheit und Pressure Groups positionieren läßt.

Der vierjährig eintägige Sonntagsspaziergang geht im immer abnehmenden Maße ins Wahllokal, wo das stille Spiel des Kreuzchen-Zeichnens stattfindet. Der Demos verabschiedet sich vom Dogma, bevorzugt die Spritztour ins Grüne. Verdrossenheit nennen die Volksforscher das Phänomen, haben gegen den Verdruß kein Rezept. Daß es vermehrt die kollektiv enteigneten Unterschichten sind, die den Aufruf zum Urnengang boykottieren und somit einen passiven ad-hoc-Aufruhr erproben, wird nicht zur Kenntnis genommen.


Pränatale Mär vom Morgen des Planeten

Es erodiert. In allen Ecken und Enden der Erde. Exzessive Expansion der Miseren durch die merkantile Malaise evoziert das Aufdämmern der Menschenlandschaften, den Gegenstoß der Verdammten. Migrationsheere bewegen sich auf die Zitadellen der Zivilisation zu. Die Periöken bereiten die Rebellion gegen Privatier-Piraten vor.

Real ist: Die Gegenwart gewährt sich rapide den rückwärtigen Verlauf auf der Legitimationslinie der monetären Machtmechanismen, die das Proletariat von Produktionsstätten verdrängen. Das rasant entwickelte Technologiearsenal eignet sich mehr zum Töten, als allen eine angemessene Teilhabe am Leben zu ermöglichen.

Es wird in immer drastischeren Dimensionen enteignet, nachdem die Unterlegenen der Akkumulationsagora exklusiv vom humanen Gehalt des elementaren Daseins entfremdet und in den Notstand geworfen wurden. Über ihr Schicksal wird auf den "Gipfeln" der Überlegenen unter dem Label "G-Acht" gesprochen. Eine Zahl bewegt sich zwischen emanzipatorischem Zero und Zivilisierten-Zone. Die imposanten Promotor ihrer Improvisationen haben den Fortschritt aufrecht zu bewerkstelligen? Welch eine Schlußfolge aus süßen Floskelflüssen!

Einigkeit herrscht zwischen Zivilisationszonen nur noch darüber, daß der Planet Erde rund ist und keine Scheibe. Er ist der Space Shuttle, dessen Kommandobrücke geteilt unter den Global Playern aufgeteilt wird. Keiner kann die anderen leiden, aber respektieren. Vermieden wird dadurch die atomare Luftschlacht der Giganten unter sich, zumindest in die computergenerierte Virtual-Reality im Cyberspace verschoben.

Um das Prekariat, das als Synonym für das Proletariat zum Vorschein kommt, zu gängeln, gehen die Partei-Potentaten gängig vor. Sie verleihen der Profit-Piraterie ein parlamentarisch perfektioniertes Gütesiegel, privatisieren die Rentenkassen und kassieren Retter-Renditen in televisionären Diskursforen. So tendiert die Abstiegskurve der sozialen Systeme Tag für Tag im steigenden Tempo in den Talgrund.

Die Realität wird bravourös erdichtet, ist dann die Sensationsserie der sanktionierten Rivalitäten. Gemäß den pastoralen Postulaten des Pantheismus. Was einstmals Renaissance hieß, ist künftig Reinkarnation. Der Konfliktkomet namens "Clash of Cultures" gewinnt an Schwung, damit der Dreh der dokumentierten Dramen.

Die Strecke vom Früh- zum Hochkapitalismus liegt weit hinter der Eselsbrücke der Menschheit. Und neben dem Wert als Eckpfeiler der Besitzkastenpyramide fakturiert der Fetisch Wachstum den bevorstehenden Weg zur spätmodernen Phase der Pandemie. Unterwegs zum sicheren Port kreischt nun die Katastrophen-Krähe neben den Rattenfängern. Blütenträume gehen bergab zur Neige, geraten büschelweise ins Straucheln, werden von Strauchrittern der Börsen stranguliert.

Unter welchen versenkten Wesensmerkmalen das Weltalter leidet, läßt sich im ausgeklügelt reflektierten Ruhm der Wendehälse unter dem Rubrum Gerechtigkeit ausbaldowern: Raffiniert reduzierte Bedürfnisse der Redundanten.

Was ist eigentlich real von dem, was sie stets gegen Utopia zur Nagelprobe stilisieren? Mehr als Macht des Marktes?

Am generellen Gedeihen dieses Gewaltapparats wollen die Opponenten der Alternativ-Athleten affirmativ teilhaben, ihn zum Räderwerk der Gerechtigkeit umzumodeln, ohne wahrnehmen zu wollen, daß er einem Wrack gleicht und zur Mühlhalde der Geschichte gehört.

Metakritik der konformistischen Opposition ist opportun, anachronistisch sowie so antiquarisch, daß sie nur noch persifliert werden kann. Es läßt sich blumig ins Blaue formulieren, was z.B. die schwarz-rote Koalition an der Spree als produktiver Gevatter des G-Acht-Patronats hinter dem standardisierten Pathos der standortnational sozialen Prosperität zu meistern vorhat: Rosaton des Morgens soll im abgesperrten Betongrau aufgehen.

Der Weg zur Freiheit führt durchs Kollektiv. Die Sackgasse hinter dem Fetisch Arbeit ist das Arrestlokal der Besitzlosen.

CLANDESTINOS-CLASH AUF BEIDEN SEITEN DES NORDISCHEN ATLANTIKS

Der Kreuzzugskurs der Kastellwacht-Kompanien

Die Geschichte der illegalen Grenzbrecher veranlaßte auch die nordamerikanischen Domänen-Diktatoren, den Dämon der Immigrationsdebatte zum Aufgabengebiet Nummer eins ihres Gewaltapparats zu erklären.

12 Millionen "Illegale" haben, lauten die Warnglocken jenseits des nordischen Atlantiks, die ökonomischen Schattenstätte der USA überflutet. Als buschiges Heilmittel schlug der Oval-Office-Imperator und "Enduring War"-Generalissimus Bush neben einem hartgesotten offensiven Grenzregime vor, das dem Orderorchester der D-EU-Demokratur, der "Fortness Europe"-Vorschriften ähnelt, ein "Gastarbeiterprogramm" vor. Demnach sollen "Illegalen", die sich seit mehr als zwei Jahren in den USA aufhalten, das Schlupfloch zur Staatsbürgerschaft gelockert werden, wenn sie einen Arbeitsplatz nachweisen, straffrei geblieben sind, Strafen und Steuern nachbezahlen sowie einen Englischtest bestehen. Andere – im Dossier der Desperados dämonisiert – haben aus eigenem Antrieb das Land zu verlassen, wenn nicht, dann in Kauf zu nehmen, ins Visier der Deportationstruppen zu geraten.

Dieses Regelbündel des Weißen Hauses bezeugt nicht nur die administrative Härte, welche die imperialen Zentren gemeinhin gegenüber den peripheren Wanderproleten praktizieren. Primär bescheinigt er auch, wie weitläufig die Produktionsstätten in diesem Himmelsstrich auf importierte Angarie-Söldner angewiesen sind. Daher kann keiner inständig daran glauben, daß die weißen Patrone die Pfade der migrantischen Malocher allen Ernstes demolieren und die Schlupflöcher dicht machen wollen. Vielmehr werden sie die Patrouillenposten auf den Kontrollbrücken zeitgeistgerecht generalüberholen. Selbst beim Vorhaben, die Sicherheitsanlagen an der Scheidewand zum Reservoir der halb geschenkten Humankapitalien zu gewährleisten, werden die Generalstäbe eventuell aus der Masse der "illegalen Einwanderer" bald Söldnertrupps rekrutieren.


Husarenritt und Hunnenhumanität oder die Jagdpartie nach dem letzten Mohikaner

Während der ausgereiften Maienzeit wiederholten sich allabendlich die "Illegalen"-Bilder im Glotzophon, versandt von den Küsten der Kanarischen Inseln. Von Massenankunft der Zentralafrikaner war die Rede, von Eindringlingen aus den Schwarzen-Slums in die Spaßstätten des "globalen Dorfes". Von jenen Wegbereitern der Hungerheere, welche die Wellenberge des Ozeans brüskieren, um auf den Schutthalden ihrer angestammten Gegende nicht unterzugehen, die von kolonialen Kompanien hinterlassen wurden.

Diesen Ansturm der Armen – spontan aufgeweckt von ihren Peinigern – hatte das Internet-Portal "www.german-foreign-policy.com" mehrmalig zum Thema, zum Beispiel im April 2006. Veranschaulicht wird dabei relativ in Details, was die Strategiestäbe der Hochbetuchten-Bastei vornehmlich in Angriff nehmen, um Migrantenmassen in großem Maßstab von den Kanarischen Inseln nach Mauretanien abzuschieben. Die überwiegende Mehrheit von ihnen wird von den dortigen Behörden direkt nach Mali oder in den Senegal überstellt. Elementare Regeln des internationalen Flüchtlingsschutzes werden damit unter deutsch-europäischem Druck faktisch außer Kraft gesetzt.

Wiederum unter diesem Zwang nahm Mauretanien sein erstes Auffangzentrum für "illegale" Wanderproleten in Betrieb. Das EU-Lager wurde von der Armee Spaniens auf mauretanischem Territorium (Nouadibú) errichtet und hat im Räderwerk der Deportation von Personen einen Zahn zu zulegen, die ohne gültige Einreisevisa auf EU-Territorium (Kanarische Inseln) festgenommen wurden. Bestechenden Beistand bekamen die Madrider Maßnahmen zur Flüchtlingsabwehr von Brüssel, die deutschen Vorgaben entsprechen, mit zwei Millionen Euro. Zugleich vereinbarten die Innenminister Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, Spaniens und Polens, auf den Kanarischen Inseln eine "Expertengruppe" zu installieren. Sie nimmt für sich in Anspruch, "Impulse" für die EU-Innensicherheit zu erarbeiten, soll in mehreren westafrikanischen Staaten ein "regionales Immigrationsnetzwerk" aufbauen und damit die westafrikanische Flüchtlingsabwehr zentralisieren – unter massivem Mitspiel Berlins, das den Aufbau solcher Netzwerke auch für Nordafrika, Ost- und Südosteuropa sowie Asien protegiert. Bei diesen "Experten" handelt es sich um Vertreter von EU-Staaten, die bei den Behörden ihrer Gastländer auf eine Akklimatisation des Migrationskontroll-Mechanismus an deutsch-europäische Vorgaben dringen. Ihre Aufgabe besteht ferner darin, Informationen über "Ströme illegaler Einwanderer", ihre "Routen", ihre "Vorgehensweise" sowie die "benutzten Verkehrsmittel" zu sammeln und sie den europäischen Stabszentralen bereit zu stellen. Ansonsten sollen sie "helfen, Ströme illegaler Einwanderer ... zu verhindern", und "Mittel und Wege" finden, "um die Rückkehr und Rückführung von illegalen Einwanderern in ihre Herkunftsländer zu erleichtern".

Das Laufwerk des globalen Menschenmanagements macht kräftig Krach. Doch die nordisch arischen Advokaten der Humanitas leiden unterm Hörsturz. Während in den Frühlingstagen massenhaft Flüchtlinge auch von deutschen Flughäfen aus in ihre Herkunftsstaaten abtransportiert wurden, starteten auf denselben Pisten zahlreiche Bürger in ihren Osterurlaub. Mit einer großen Zahl von Feriengästen rechnen insbesondere die Kanarischen Inseln, die im Zentrum des gegenwärtigen Flüchtlingsdramas stehen.

Es kreischt. Kraniche aus den subsaharischen Erdstrichen kommen auf den Kanaren an. Es ist Sommer: Hochsaison der migrantisch vermerkten Dramen an den Künsten der Zivilisierten-Bastion europoid weißer Spezies. Hochbetrieb herrscht in Stabsstuben der Wallwacht, darauf präventiv aktiv zu reagieren – an Hand von offensiv agierenden Organisationen wie der "Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen" (Frontex). Ausgestattet mit Flugzeugen, Schiffen und Satelliten soll das 2005 eingerichtete Grenzschutzamt bald den Atlantik vor Afrika bis in die Hoheitsgewässer von Gambia, Senegal, den Kapverdischen Inseln, Mauretanien und Marokko überwachen, überfüllte Migrantenboote gleich nach dem Aufbruch aufspüren und zur Rückkehr zwingen.


Das Abenteuer der migrantisch meuternden Mohren vor den euro-autokratischen Anlagen an den Küsten des eigenen Kontinents als Fremdlinge

Hierzu folgender Auszug aus der Reportage von Christoph Marischka in "www.german-foreign-policy.com" (4. April 2005):

Die Busfahrt nach der Ankunft am Flughafen verläuft die meiste Zeit entlang der Ostküste, die der Anlass meiner Reise ist, gen Süden. Eine völlig karge Landschaft, die stückchenweise kolonialisiert wird, man kann dabei zusehen. Immer wieder rechteckige Flächen im Vulkangestein, die irgendein Investor erstanden hat: Zunächst werden sie umzäunt, dann wird Süßwasser verlegt, damit Palmen gepflanzt werden können. Dann werden Straßen mit Kreisverkehren gebaut und zwischen ihnen Siedlungen, meist 50 bis 100 einstöckig-ebenerdige Reihenhäuser in Schnellbauweise. Entlang der Schnellstraße liegen die Dienstleistungszentren, deren Werbetafeln einen entweder auf deutsch, englisch oder spanisch anlocken wollen.
Wo denn all die Menschen wohnen, die dauerhaft hier leben, frage ich meine Sitznachbarin, eine deutsche Touristin. "Die Spanier? Viele kommen nur für Monate, um hier zu arbeiten, viele Studenten, glaube ich." Schwarze sähe man nicht viele auf der Insel. Manchmal kämen welche mit Booten an, einmal täglich flöge ein Helikopter die Küste ab. Schlimm sei das. In diesem Moment fahren wir an einer Baustelle vorbei, durch den Zaun sieht man einige Menschen arbeiten. Auf der Baustelle sind alle schwarz. Immerhin ist es hier wahrscheinlich nicht schwer, einen unregistrierten Job bei einem der internationalen Baulöwen zu finden, denke ich.
Am Tag nach meiner Ankunft erfahre ich aus der Zeitung, dass die Nacht zuvor dramatisch verlief. Per Telefon hatten sich um 17 Uhr Flüchtlinge auf der Insel gemeldet, die in Seenot geraten waren. Der Außenbordmotor war ausgefallen, und sie trieben hilflos im Meer. Sechzehn Stunden hatte die Suche nach ihnen gedauert, da sie von den Monitoren des SIVE-Überwachungssystems verschwunden waren. SIVE bedeutet auf deutsch "Integriertes System zur Außenüberwachung". Es ist ausgestattet mit Radar, Video, Infrarot und Parabolspiegel, überwacht die Küstenbereiche und kommuniziert mit anderen SIVE-Einheiten.
Mit den SIVE-Radargeräten kann laut Regierungsangaben ein Flüchtlingsboot mit der Grundfläche von zwei mal sechs Metern auf 20 Kilometer geortet werden. Die ebenfalls fest installierten Wärmebildkameras können auf 7,5 Kilometer zwei Menschen voneinander unterscheiden. Damit ist freilich nicht gemeint, dass einzelne Personen identifiziert werden könnten, sondern dass das Wärmeknäuel deutlich genug ist um festzustellen, ob es sich um eine oder zwei Personen handelt. Wird mit Hilfe von SIVE ein verdächtiges Schiff ausgemacht, dann ergeht eine Meldung an eines der Überwachungszentren in Cádiz, Málaga, Lanzarote und Fuerteventura. Von dort aus wird die Guardia Civil "bedarfsgerecht" alarmiert. Das SIVE-System wurde erstmals auf den Kanaren eingeführt, wurde dann aber auf die gesamte spanische und italienische Mittelmeerküste ausgedehnt. Es handelt sich dabei eindeutig um Militärtechnologie, die von Rüstungsfirmen (Raytheon, Thomson, Marconi, Elta) bereitgestellt und in Friedenszeiten zur Flüchtlingsabwehr installiert wird.
Die am Vortag in Seenot geratenen Flüchtlinge jedenfalls waren aus unerfindlichen Gründen von den SIVE-Bildschirmen verschwunden. Helikopter und Patrouillenboote rückten aus und fanden das Boot um sieben Uhr am Morgen 16 Seemeilen vor der Küste. Die 38 Insassen hatten eine Nacht voller Angst hinter sich, konnten aber ohne ärtztliche Behandlung in das Lager nahe der Hauptstadt gebracht werden. Von dort aus sollen sie abgeschoben werden. Wohin?
Die örtliche Presse stellt andere Fragen. Auf den Titelblättern der beiden spanischen Zeitungen für die Kanarischen Inseln sieht man jeweils das gleiche kaputte kleine Boot, das von Menschen in teurer Kleidung begutachtet wird. Abgeordnete des Innenausschusses und des Senats haben die Insel besucht, um die Anwendung der SIVE-Überwachungstechnologie zu begutachten und als wegweisend auch für die Kontrolle anderer Migrationsrouten zu loben. Der Fluchtweg nach Fuerteventura stellt SIVE derzeit tatsächlich auf die Probe. In den Wintermonaten, wenn das Mittelmeer gefährlicher ist als sonst, weichen viele Flüchtlinge und Schleuser aus Marokko auf die Route zu den Kanarischen Inseln aus. Nie kommen so viele Flüchtlinge auf Fuerteventura an wie während dieser Zeit.
Fuerteventura liegt "nur" 100 Kilometer vor Afrika, auf der Höhe der Grenze zwischen Marokko und der Westsahara. Die Afrika zugewandte Ostküste besteht fast durchgehend aus Strand, zum größten Teil aus unerschlossenem Strand. Stellenweise reiht sich eine Hotelanlage an die nächste. Theoretisch ist es hier sehr leicht zu landen. Selbst die Strande vor den kolossalen Hotelkomplexen mit ihren vorgelagerten Palmenalleen und Bungalowsiedlungen sind nachts unbewacht und frei zugänglich. Zwar durchziehen weite Maschendrahtzäune das ganze Land, grenzen die neugebauten Straßen von den Steinpisten und Bergen ab, aber die Zäune sind nur dort, wo Straßen sind, und auch dort sind sie überall durchbrochen. Die einzige Grenze ist das Meer, es begegnet einem spätestens nach einigen Stunden zu Fuß zwangsläufig. Es ist überall, rundherum, unumgehbar und absolut.
Was für Touristen ein Traum ist, ist für mich abschreckend geworden. Ich habe das Meer immer gemocht. Das Meer ist, wie ein Lagerfeuer, etwas, dem man ewig zuschauen kann, dessen Rauschen eine Musik ist, die nie langweilig wird. Das ist für mich vorbei. Ich stand zu oft am Strand und wollte den Weg nach Afrika fotografieren. Ich scheiterte, weil das Meer zu groß ist, zu weit, um es mit einem einzigen Blick zu erfassen. Ich stand zu oft am Strand und hielt Ausschau nach Flüchtlingsbooten - und musste feststellen, dass ich schon den Vogel, der eben neben mir losgeflogen war, nach hundert Metern nicht mehr vom alles verschlingenden Blau unterscheiden konnte. Ich habe zu viele Berichte gelesen von Menschen, die auf diesen hundert Kilometern zwischen Marokko und Fuerteventura verdursteten, mitten im Wasser. Die verzweifelt versuchten, mit ihrem Handy ein Netz zu erreichen, die schrieen, bis sie starben, die am Horizont das Land sahen und ertranken. Die spanische Bezeichnung der Flüchtlingsboote trifft die Sache ziemlich gut: "Opferschale". Die Flüchtlinge begeben sich auf eine Ungewisse Reise. Sie können auf dem Weg sterben, das Ziel verfehlen und im Nichts des Atlantik verschwinden oder, im besten Falle, von militärischen Ortungsgeräten erfasst, von der Guardia Civil gerettet und in ein Lager gesteckt werden.

Was sich an den Rändern der Überflußzentren abspielt, ist keine neue Episode in der heroischen Geschichte der Zivilisationsersten. Das Meer schluckt Menschen, während die hochbetuchten Honoratioren der Human-Society ihren Event-Tourismus genießen. Andere erfrieren an den Felsbergwänden. Wer Remonstration demonstriert, wird disqualifiziert.


Neuheiten von der europoid protegierten Architektur der Kastenpyramide Stabsstrukturen der Migrationsabwehr

Wie das Internetportal "www.german-foreign-policy.com" vom Ende Mai 2006 informiert wollen mit der Frühsommersaison die Routine-Regimenter des Weißen-Bollwerks manche Küstenregionen des atlantischen Großteichs nahe dem Schwarzen-Kontinent panzern. Die stellvertretende spanische Premierministerin Maria Teresa Fernandez de la Vega teilt am 23. Mai 2006 in Brüssel mit: Die Protektionsarchitektur der EU arbeitet eifrig daran, dem Aufbau eines Koordinationszentrums zur Migrationsabwehr auf den Kanarischen Inseln letzten Schliff zu geben und dort mit Kriegsschiffen und Düsenjägern gegen Bootsflüchtlinge vorzugehen. Zugleich verspricht Madrid mehreren afrikanischen Staaten finanzielle Vorteile, wenn sie sich zur Rücknahme ihrer Bürger bereit erklären, und ergänzt den offenkundigen Menschenhandel um Maßnahmen im bereits breitgefächerten Abschiebeabkommen. Dies folgt Vorgaben Berlins, das ein weitgehend flüchtlingsfreies Europa anstrebt und zu diesem Zweck Massentragödien vor den europäischen Meeresufern in Kauf nimmt.

Das Bundesinnenministerium bestätigt (www.bamf.de): Ein "Zentrum illegale Immigration" wird aufgebaut. Es soll - vergleichbar dem gemeinsamen Terrorabwehrzentrum - die Arbeit sämtlicher mit dem Migrantenabwehrmanagement befaßter Anstalten bündeln. Dies sind neben den unterschiedlichen Sicherheitssystemen (Länderpolizeien, Bundespolizei, Bundeskriminalamt) der Zoll, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und der Inlandsgeheimdienst (Verfassungsschutz). Die neue Institution gilt als Vorbild für eine entsprechende Anstalt auf europäischer Ebene.

Als "zentrale Steuerungsstelle in Zuwanderungs- und Migrationsfragen" galt bislang das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Zum 1. Januar 2005 hat sie eine "Projektgruppe" unter der Aufschrift "Beobachtung der weltweiten Flüchtlingsströme" eingerichtet, die eine "Gesamtschau" des globalen Migrationsgeschehens ermöglichen soll und darauf abzielt, die Schleichrouten derer strikt zu überwachen, die als Invasionsheere der Armen tituliert werden. Das besagte Bundesamt, das im April deutschlandweit 26 Personen den Asylstatus zuerkannt hat, schafft mit seinen Analysen die Datenbasis für Projekte des so genannten Migrationsmanagements, wie sie derzeit insbesondere vor den Kanarischen Inseln erprobt werden.

Dort sind in den vergangenen Monaten mehrere Tausend Fremdlinge eingetroffen, nachdem Spanien traditionelle Schleichtouren im Mittelmeer verriegelt und damit ein Umlenken der Wanderströme erzwang.

Seit Jahresbeginn schnellt jedoch nicht nur die Zahl der im Atlantik ertrunkenen "Invasoren" in vierstellige Höhen, sondern auch die Zahl derjenigen, die das EU-Territorium auf den Kanaren erreichen. Das Insulaner-Parlament forderte daher die Marine Spaniens auf, dorthin Kriegsschiffe zu entsenden und die Küste gegen die anhaltenden Ströme unerwünschter Elendsheere zu "panzern". Die EU-Autokratie jedenfalls, die beschloß, daselbst ein Koordinationszentrum zum Gegenstoß zu kommandieren, wird hinüber jetzt Sturmboote und Jagdflugzeuge schicken, um der Schickeria ruhigen Pausenspaß Gewähr zu leisten.

Die solcherart stufenweise systematisierten Anstalten entsprechen Strategien, die das Gewaltzentrum an der Spree seit geraumer Zeit unter der Maxime "Plan África" empfiehlt. Ein postmodernisierter Akt der "humanitären Interventionen" wird somit uraufgeführt. Als Reaktion auf örtliche Miseren, die sich auszuweiten drohen. Bis gestern war es vom Export der Humanität die Rede. Jetzt geht es darum zu erfahren, wie es sich in den Slums regiert – sozialer Schrecken und exekutives Grauen. Auch inmitten Mitteleuropas wird Elendsmanagement in Gang gebracht, in abgeschotteten Sammellagern oder Ausreisezentren.

Da schreien Cäsaren-Zöglinge der Hunnen-Humanität unaufhörlich Zeter und Mordio. Denn es murrt und grummelt hier wie dort, der Zorn quillt über. Überall. Tod und Teufel sollen in Abfanglagern auftreten, um die Springquelle der lästigen Überzählingen zu demolieren.

Das ganze Spektakel, die hermetisch hergeleitete Hektik der Heroen Hesperiens, bezeugt die Furcht der humanitären Herkulesse vor den Zukunftsszenarien. Denn wie ein Zyklon fegt das Phänomen Migration durch das Leben der Zivilisationszitadellen. Hinter immer martialischer wie manierierter erklimmenden Methoden stiefeln die Menschenrechtsmentoren her, um die Abtrünnigen-Meuten daheim ins Gebet zu nehmen, damit im Gefilde ihrer loyalen Untertanen Öl auf die Wogen zu gießen.

DIE INTEGRATIONALE ERKAUFT DAS MENSCHENRECHT

Märtyrermache im Fabulantenflur zwischen entleerter Empathie und hochgenährt vermehrter Prophetie

Kraniche kreischen selbst im abgelegensten Krähwinkel der Erde. Gerechtigkeit krakeelen die Kollaborateure der Krautjunker. Zitadelle-Zeloten kontrollieren Zirkus-Zirkel ethnischer Fangemeinden mit gewollt favorisiertem Fanatismus. Status-quo-Statisten im humanitären Habitus scheint alles genehm zu sein, selbst das Foul einer Fabelgestalt wie der Walpertinger oder der Frust des Fuchses in der Fallgrube. Hauptsache, sie bringen das Gewicht der Gefahren über die Zeit und können etliche Kontingente ihrer Erträge in einem Wertpapier bündeln. Es gibt sonst nichts, was sie sich hinter die Löffel schreiben müßten.

Die von den hellen Mächten des Marktes manifestierte Malaise in den Peripherien des Zentrums wird von Regenbogen-Regenten als Rauch der Randgruppen-Randale rapportiert. Hier gehört der Fremdendiskurs zum zivilen Bestandteil der Gesellschaft, zum letzten Zellgewebe im Gedankengebäude des pangermanischen Panoramas. Zur mentalen Methode des Hegemons gehört die Panikmache durch mannigfache Mannschaften der Groß-D-AG, vor allem durch den intuitiven Berufsstand namens Integration.

Die Zunftzöglinge der Integrationsindustrie irrlichtern auf der Nebenstrecke der Datenautobahnen unaussprechlich aufklärerisch in die Zukunft, schwingen sich neben der "vierten Gewalt" auf dem gewöhnlichen Gebiet der genialen Märtyrermache als "fünfte Kolonne" der gesetzgebenden Majorität auf.

Deutsches Freiheitsideal basiert generell auf völkischer Reinheit, fordert hin und wieder die Dilettanten zum Duell, rät fremdstämmigen Spätankömmlingen, sich dorthin zu orientieren, woher ihre Altvordern kamen: dem Orient!

Das germanisch gemischte Wort Integration vereinigt alle Fraktionen der Alteingesessenen-Gesellschaft, der Anwälte und Anwärter der Get-together-Party, zu einer Allianz des christlich-abendländisch propagierten und kulturalistisch protegierten Gegenwartsgeschehens.

Aus trüben Phänomenen, z.B. den archaischen Attributen wie "Ehrenmord" und "Zwangsheirat" schlußfolgern die kundigen Soziusse der Status-quo-Society triviale Gemeinplatz-Gebaren, stilisieren stattliche Stories sowie souveräne Rituale, um eine ganze vom eigenen Genre abweichende Glaubensgemeinschaft unter Generalverdacht zu stellen. Dieses auf dem aufklärerischen Lehrgebäude basierende Weltbild ist arrogant, vielmehr aber argwillig.

Wenn die Protagonisten der gesellschaftsgeschichtlichen Geschehnisse im Linken-Lager dabei an ihrer vom sozialen Sorgfalt entleerten Lehre der Emanzipation festhalten und den Islam als Refugium der ethnisch Entmündigten an den Pranger stellen, dann verlassen sie den letzten Fleck der universal markierten Urbanität, machen sich zu lästigen Verbündeten der Entrechteten im sozialen Gegenufer, damit zu banalen Handlangern der super-imperialistischen Expansions-Ambitionen und schließlich zur Spießgesellen-Schar des eliminatorischen Rassismus. Eine solche Linke kann sich sonst nicht in die Lage versetzen, einen Eimer Wasser umzustoßen, höchsten versuchen, ihn eher auszusaufen.

Hingegen geht es um die Gleichwertigkeit des ethno-kulturellen Andersseins. Um die markige Mutprobe, die Missionaren-Mär der markanten Münchhauseniaden zu brüskieren, auf das Thema des Muselmanen-Mekkas ein möglichst neutrales Auge zu riskieren und seinen Werdegang als einen revolutionären Akt zu registrieren. Schließlich veränderte der Islam nicht nur das Wüsten-Leben in weiten Teilen des Orients, gab auch dem Okzident Aufschwung, sogar den Olymp der Zivilisation zu erobern.

Daß das volkstümlich favorisierte Schlagwort Integration im systemischen Schaukasten des herrschaftsnationalen Souveräns kein Modell für die gesellschaftliche Emanzipation abgibt, läßt sich leicht aus der seit über drei Jahrzehnten fortdauernden Praxis gewahr werden. Vielmehr erwies sie sich als eine Attrappe, der jedoch die Fertigkeit innewohnt, nicht ins Fettnäpfchen zu treten. Als solche sollte sich das Räderwerk der selektiven Assimilation forcieren, die Konvertierten fähig zur kompletten Konformität und die Aussortierten gefügig zur Remigration zu machen.

Eingewanderte Einwohner der retrospektiv rotierenden Republik werden vorwiegend als vagabundierende Migranten-Meute registriert. Als Verschiebemasse in der Nebelzone der zivilgesellschaftlichen Zensuren machen sie manchen marktgläubigen Moralpredigern günstige Gelegenheit möglich, fiktive Weltmeisterschaften für Gutmenschenspiele abzuhalten. Manche okulieren ihren Stammbaum, andere oktroyieren die Menge der verwertbaren Neuen zu minderwertigen Leibeigenen im untersten Rang des Daseins.

Es dreht sich von Haus aus um die Ausbeute-Raten der Bestbetuchten, wenn der Debatten-Donner fortdauert und das Gerechtigkeitsgerede zum Generalgenre erwächst. Auskunft darüber geben allerhand Allüren im televisionären Diskurs-Zirkurs, wie real sich das Gleichheitsideal und der habgierige Deal zusammenreimen können.

Der mannigfach marktschreierische Marasmus lenkt selbst seine alteingewurzelten Allergiker zum eigenhändig entfremdeten Artefakt, leistet dem Recht der Reichen Vorschub zu renommieren, mausert sich zum heiligen Hilfsmittel der Altangesessenen auf den Jagdparties nach Eindringlingen.

Mediale Meute manifestiert das Falsifikat als Fakt, indem sie die migrantischen Mitwelten gemäß den Vorgaben der Rassenlehre abqualifiziert und sie zeitnahen Fakiren des Fanatismus erklärt. Sie sind primitiv, lautet ihre listenreiche Lispelei, und als kollektiv fehlt ihnen das Naturell, sich zivilisatorischen Lebenswandel anzueignen. Leicht nachweislich!


Mainstream-Methode der Manipulation?

Doch Fakten lassen sich im Fall der Fälle leidvoll herbei phantasieren und litaneisch verallgemeinern wie die gerngesehene Story vom Frühjahr 2006 über die generelle Untauglichkeit der Migrantenkids, sich zivilisieren zu lassen. Genüge konnte hierfür ein "Brandbrief" von betrübt betroffenen Paukern einer Berliner Hauptschule an ihre Dienststelle tun, um im Gesamtgewaltapparat der Republik ein gewaltiges Echo hervorzurufen. Er wirkte wie eine Tartarennachricht. Weite Fraktionen der nationalen Koalition ergriffen die Gelegenheit beim Schopfe.

Das Narrenkarussell, das dann in Gang gesetzt wurde, drehte sich wochenlang pausenlos, damit auch das Rad der volkstaatlich gepolsterten Drohkulisse. Die islamisch markierte Community sah sich erdrückt von dem Pflichtkanon aus dem Kulturkosmos der Alteingesessen-Attitüden. Die Spätlinge der Neuankömmlinge müssen sich, so lautete das ethnozentrisch kulturalistische Kommando, am Riemen reißen und sich die Maximen der selektiven Integrationsmühle aneignen. Sollten sie sich auf Sternstunden der Demo-Grazia nicht tüchtig einlassen und ein Herz für die Pax Gemania fassen können, müssen sie gehen.

Ein Rapport wird riskiert, ramponierte Münchhauseniaden zu reparieren. Es wird verdreht: Erst verbreitet sich der Schrei nach dem Scheitern der integrativen Intensionen. Drehteams machen sich auf den Weg, Wilden-Bilder zu produzieren. Zahlen Taschengeld. Kinder-Banden spielen Schlägerszenen, werden gefilmt und dem breiten Publikum als Faktum präsentiert.

Es wird gedreht: ZDF- und Spiegel-TV-Teams zücken den Beutel, wenn sie Sprößlinge der Familien aus Zugewanderten-Zonen anregen wollen, vor der Kamera Mülleimer aus dem Fenster zu werfen und sich zu balgen.

Tatsache ist, daß Konflikte zum Wesensgehalt der Integration als hegemonialer Husarenritt gehören. Jegliches Gespräch unter den von ihr geprägten Prämissen führt am Ende zum Mißbehagen. Die zuständige Zunft verblendet das alternative Blickfeld, beendet jegliche Widerrede.

Es gibt kaum etwas, was helfen kann. Der Appell zum Kompromiß und Kontakt kommt als eine schiere Scheinheiligkeit zum Vorschein, scheitert zudem im Schatten der konfliktbeladenen Konkurrenzen zwischen ethnisch identitär definierten Communities. Und kosmopolitane Konvois geraten weitgehend in den blauen Dunst des zivilisatorischen Zynismus.

Die Dialog-Predigt erscheint als überlegen, hat sich jedoch längst als Dialektik der Diaphora im Gedächtnisgebäude der Diasphora entpuppt. Damit es dennoch zu konkreten Gesprächen zwischen den Kultur-Kommandos kommen kann, werden die Lebenswelten zuallererst kontrastiv kommentiert, also definiert und in geschlossen kreierte Kreise verordnet. Die Interaktion findet nur noch unter dem Wachtturm der überlegenen Legion statt als Artefakt der nordisch arischen Besitzkasten-Architektur.

Mit der Inanspruchnahme der Integration als unverzichtbares Gedankengut zum Wohle Deutschlands bezwecken die Leitkultur-Propheten, den Aufbau der Apartheidspyramide auf einer sozialer Basis zu bewerkstelligen. Sie sondern mit allen Mitteln der imitatorischen Intrigen und hinter dem emanzipatorischen Pathos die Getto-Quartiere der Spätankömmlinge aus, fürchten aber, daß sich in jedem Okzidentalen ein Brocken Orient finden kann, vor allem beim Sensemond. Als Dauerbrenner!

Als elementares Merkmal der klassifizierten Differenz dokumentieren sie die religiöse Rückständigkeit der Daherkommenden. Erhoben zum sensiblen Thema wird das Kopftuch der Kleinasiatinnen. Engstirnigkeit ohne Ende. Was den Event-Evolutionären schwer fällt wahrzunehmen: Die selbstbewußte Eva islamischen Glaubens verbindet mit "Tesettür" (Kostüm nach göttlichem Gebot) Anstand und Erotik, bleiben dicht hinter ihren Demokratie-Hirten.

Zum zentralen Themenspektrum der Integrationssparte gehört zweitens die Sprache als Medium für kollektive Kommunikation. Kenntnispflicht des Deutschen lautet hier die alte Leier.

Indigene Interpreten der Integratoren-Tourneen lehnen vehement ab, Türkisch künftig als Alltagssprache zu tolerieren. Damit ist das Diktum mehr doktrinär als Routine, wobei es sich darum dreht, das Selektionssystem zu generalisieren. Gerade in einem Stadium, wo der humane Abfall der technologisch terminierten sozialen Apartheid zwischengelagert wird.

Das Werte-Bekenntnis hat eine Kultur-Dressur mit Fangfragen zu abweichenden Verhalten zu steigern und den Kompromiß zwischen Rand und Zentrum mit dem Absolutismus der metropolitanen Macht zu kompensieren. Wer die Fähigkeit nicht erwerben kann, sich dem Kultur-Korsett der neuen Herren anzupassen, muß gehen.

Der Hanauer Pauker und Poet Hartmut Barth-Engelbart warnt in einem für "Indymedia" verfaßten Text vor den allerorts vorwaltenden "Wolf-Gesetzen" und prangert die reglementierte Deutschpflicht als Bubenstück an:

Die Kampagnen gegen die nichtdeutschen Mutter- und Herkunftssprachen, die Pausenhof-Muttersprachverbote, die Streichung des muttersprachlichen Unterrichts und seine systematische Ausdünnung durch Stellenkürzungen und Entqualifizierung sind zum Teil ministeriell organisierte Verbrechen an Millionen von Kindern in Deutschland. Die Intelligenz, die Verbindungen im Hirn entwickeln sich bei Kindern bereits in der pränatalen Phase bis hin zur Pubertät entlang der Muttersprache, ihrer Syntax und Semantik, ihrer Sprachmelodie und ihren Sprachrhythmus. Kinder, deren muttersprachliche Sozialisationdie in dieser Entwicklungsphase unterbrochen, eingeschränkt oder abgeschnitten wird, erleiden irreversible Verletzungen/Vernarbungen der Hirnrinde, erleiden Defizite in der Entwicklung des Sprachzentrums, die in späteren Entwicklungsphasen nicht mehr aufholbar sind. Die Kampagnen gegen die nicht(hoch-)deutschen Muttersprachen haben nicht nur zur systematischen Einschüchterung und zur öffentlichen Herabwürdigung und Abwertung von Millionen von Menschen geführt, sie haben sie auch nachhaltig verletzt. Wenn es in diesem Rechtsstaat mit rechten Dingen und mit Recht zuginge, müssten die Initiatoren und Betreiber dieser Kampagnen gerichtlich belangt werden und zumindest Schmerzensgeld zahlen.


Nicht zu enträtselnde deutsche Frage

Längst eingebürgerte Bewohner werden von ihren Organen nach wie vor beargwöhnt, ihrer angestammten "Heimat" näher zu stehen. Ihnen fehlt es, lautet die Lektion, an Anstand, weil sie sich einen Ausweis mit dem Adler-Deckel einhandeln wollten, um es zu Wohlstand zu bringen.

Aus mit dem Traum von Allemannja als Notheimat der Anatolier. Sie haben sich zum Abschied vorbereiten. Einst, vor vier Jahrzehnten, kamen sie mit der türkischen Nationalhymne vorwärts: "Korkma, sönmez bu safaklarda yüzen alsancak" ("Keine Bange. Die rote Flagge, die in diesen Morgengrauen flattert, wird nicht erlöschen." Jetzt müssen sie heimwärts aufbrechen mit dem Weihelied: "Einigkeit und Recht und Freiheit... Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt".

Es hilft kein Kassandraruf: Verschärfte Konkurrenzen um die wenigen Stellen und ethnisiertes Extra von Klassenkonflikten blockieren das Vorankommen des sozialen Bewußtseins. Das Imperium der political correctness reduziert das Zoon politikon auf den anonymen Zwischenstand der Population. Doch die als enträtselt geweissagte Klassenfrage wird sich bald zurückmelden müssen, und zwar im Zwist zwischen den Kumpanen der Kastellkaste und den ethnisch Entmündigten.

Denn auch der Migrant mutiert. Er mauserte sich bislang zum täglichen Thema, gilt somit als Sündenbock für Miseren, die nicht nur ökonomisch okkult sind, sondern auch obligatorisch, um den Ausbau der endkapitalistischen Klassengesellschaft zu einer krisenfesten Kastenpyramide apartheidischer Utensilien zu vollenden.

Mit der mentalen Ellbogenmanier strengen sich die Impresarios der trüben Tretmühle an, die eingewanderten Wilden zu oktroyieren, damit sie sich in der Post-Raub-Ritter-Burg okulieren lassen. Während der Integrationskurs zur Pflicht wird, bewahrt die "deutsche Frage" ihre Aktualität durch ihre Definitionsgewalt fort und läßt das Menschenrecht "Minderheitenschutz" völlig aus dem Gedächtnis der Zivilisationsgenies ausradieren.

Wenn alle Integration predigen und zugleich beschwören, den Zugang zum Status der Bürgerrechte zu erschweren, dann lebt der eliminatorische Rassismus fort. Der Erfolg der einzelnen Gastarbeiter-Sprößlinge auf der Catch-as-catch-can-Piste des Marktes wird dem Minoritäten-Spektrum kein Respekt bringen, sondern das deklassifizierende Prospekt protegieren. Suspekt bleibt darin die Masse als riskantes Reservat.

Als eine subalterne Attrappe im Lehrgebäude des volkstaatlichen Hegemons kommt das Regelwerk mit dem Titel "Antdiskriminierungsgesetz" zum Vorschein, über welches am Rande der Foren zum Thema der deutschen (Fremden)Frage gesprochen wird. Was bietet die Fiktion mehr als allerlei Attitüden im humanitären Habitus? Ein paar Integrationskarrieren beim Handeln mit ethnischen Identitäten? Daß Andersfarbige, Andersgläubige, Andersgeschlechtliche gleich sind unter ökonomischen Prämissen, unter dem Verwertbarkeitskanon des Marktes, dem sich gerade die enteigneten Erdenbürger selektiv unterwerfen müssen?

Solange der Zugang zum Bürgerstatus die ideologische TÜV-Straße der selektiv dokumentierten demographischen Dogmen durchlaufen muß, bleibt die Integration eine Retourkutsche demagogischer Diktatur und doktrinären Donnerwetters der Doppelzüngelei.

Elementare Menschenrechte werden nicht nur zerteilt, sie erleiden auch einen tiefen Marasmus. Denn Menschen werden geduldet, weil sie für den Schattenmarkt notwendige Werkzeuge darstellen. Und die heutig irregulären Regeln dieses Marktes sind die Regelwerke von morgen.


Das schwarze Schicksal der migrantischen Mandatare

Hinter der faktisch fossilen Fassade der kröten-demokratisch taktischen Krisen- und Klassen-Kompromiß-Fanfaren tutet die Tonfolge des Tempo-Tenors, nämlich die Reklametrommel für noch mehr warmen Regen. Da weitet sich das finstere Firmament des zyklischen Zyklons marktkreischender Machart, worunter das Heute des Urbanen mächtig leidet. Die Hochmütigen der zivilgesellschaftlichen Hierarchie bramarbasieren als Leitstern hinter ihren Hilfstruppen, die aus Heuchlern bestehen sowie – Heu und Stroh im Kopf – genug Geisteskraft besitzen, um mit den Wölfen zu heulen. Nebenbei memorieren sie als Intimi der Intelligenzbestie ruhmsüchtig das Memorial des Mäuse-Götzen im Melodram der manierierten Majorität.

Was droht? Die Gefahr von rechts? Die Invasion der Invaliden? Die Giganten der Gettos? Die Masse der Muselmanen? Homeland-Horden zwischen Stadtzentren und -rändern?

Auf diese Fragen wissen die parlamentarisch partizipierten Redekünstler keine Antworte. Dafür ist die inspirationskräftige Instanz der Forscherzunft zuständig. Ihre Stuhlinhaber fungieren substantiell als Schreiber von bestellten Gutachten, haben als Agitationsagenturen der Groß-D-AG zu agieren. Die Freiheit der Wissenschaft gibt es fakultativ nur in der Fantasie der Götzendiener. Jeder Start einer akademisch akzentuierten Studie ist eine Attrappe, zugleich eine Attacke auf die Zukunft der Existenzen in Allmende. Auf das humane Gemeingut, den Traum vom Glück.

Ohne die systemimmanent verbrämten Imitationen mit akademisch mechanischem Gütesiegel beruht der Berufszweig der selektiven Assimilation auf keinem attraktiven Standbein. Es ist der kanonische Akt einer drakonischen Theatralik, die sich auf die Dauer-Interpretation der merkantil Überlegenen stützt. Das einzig einzigartige Spiel, bei dem alle Akteure der herrischen Karrierekompanie heimlich mitspielen, enthält die fragile Fragmente der arisch heimischen Fremdenfrage.

Die Stammhalter der Gastarbeiter aus vorder-orientalischen Steppen gelangen zeitweilig an die zweitrangige Zitaten-Zone in den Feuilletons der Printimperien wie FAZ, Die Zeit, Der Spiegel, FR oder SZ, wenn es ihnen gelingt, sich als zierliche Ziehkinder der eurozentrischen Tugendgenies aufzuspielen, die Kunst der Selbstzensur zu meistern und etwas kreativ Karnevaleskes vor den Kameras kreieren.

Immer wenn ein öffentliches Forum als potentielles Politikum ins Werk gesetzt wird, sich über den migrantischen Rand die Nase rümpfend auszulassen, haben diese Figuren als begleitende Possenreißer einen fast authentischen festen Auftritt. Sie haben dabei mit dem ethnisch kulturellen Kleinkram zu hantieren, Kundenfang zu betreiben und den zombig zensierten Prämissen der Händel mit den zielgerichtet zementierten Getto-Quartieren kreativ zu folgen. Um ihren Bravour-Bonus für einen beiläufigen Platz auf der Karriereleiter und damit ihren Laienanteil an Tantiemen zu sicher, müssen sie sich darauf besonders besinnen, von der vorgezeichneten Themenschiene nicht abzugleiten. Daß es sich dabei um den ideologischen Schützengrabenkrieg gegen die imaginär grüne, respektive islamisch illustrierte Barbarei dreht, braucht nicht betont zu werden.

Doch das habituelle medial gedrehte Geheul, das zyklisch wie zynisch auf den historischen Humus des Islam herabprasselt, besagt mehr über die heuchelnden Heuler als über jene mentale Meute, die gleichwie zum willfährigen Mitmachen manipuliert werden konnte.

In diesem spät spartanischen Feldzug gegen das Morgenland innerhalb der abendländischen Erdstricke gelang es auch der aus Afrika stammenden Immigrantin Ayaan Hirsi Ali, sich als Jeanne d'Arc, "Jungfrau vom Polder", feiern zu lassen. Sie ergatterte sogar einen Platz im Den Haager Nationalparlament, eckte innerhalb ihrer eigenen Community gründlich an. Dann kam heraus, daß sie den Erwerb ihrer Staatsbürgerschaft erschlich und ihr Exilgrund "Zwangsheirat" nicht existiert. Um einem nicht ausgeschlossenen Rausschmiß zuvorzukommen, beschloß sie kürzlich kurzerhand, sich zum anderen Atlantikufer abzusetzen.

Was ihre kontinentaleuropäisch arischen Nothelfer angeht, sie gebärden sich gewiß gemäß dem geflügelten Wort: Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen. Zur Ali-Affäre, dem Geschick der schwarzen Heroine unterm Hesperus, bemerkt Werner Pirker in "junge Welt" vom 20. Mai 2006:

Die Grenzen sind fließend geworden. Zwischen einem bis vor kurzem die liberale Meinungsbildung bestimmenden »Antirassismus« und einer aggressiven Selbstaffirmation, die die Werte der westlichen Gesellschaft zum höchsten Kriterium der menschlichen Zivilisation erhebt. Das läßt sich exemplarisch an der medialen Erschütterung ablesen, die der Fall der eben aus der holländischen Staatsbürgerschaft entlassenen Islamhasserin somalischer Abstammung Ayaan Hirsi Ali ausgelöst hat. ...
Denn welches Schicksal haben erst die Millionen Habenichtse in fremden Landen zu erwarten, wenn eine ihrer prominentesten und anerkanntesten Leidensgenossinnen dem Abschiebeknast nur durch ihre freiwillige Auswanderung in die USA zu entgehen vermag? Doch ist die Betroffenheitslyrik in diesem Fall genau andersherum gemeint. Hirsi Ali genießt die besondere Wertschätzung von Time und Zeit gerade deshalb, weil sie eine der Ihren ist. Eine, die sich an die Spitze der westlichen Meinungseliten hochgeturnt hat. Denn zu einem Promi – wenn auch ihr wirklicher Einfluß nicht so weit reichen dürfte, wie es das US-Magazin gerne sehen möchte – konnte Hirsi Ali nur werden, weil sie die passende Stimmlage im Wolfsgeheul gefunden hatte. Die Frau aus Somalia war immer das genaue Gegenteil einer Fürsprecherin der vom reichen Westen Beleidigten und Erniedrigten. Sie hat sich dem »weißen Mann« hingegeben. Ihre Tiraden gegen den Islam folgen der Behauptung einer grundsätzlichen zivilisatorischen Überlegenheit der westlichen Kultur und münden in einer Apologie der imperialistischen Machtverhältnisse.


Machtvolle Parabel unterm Panier der Panikmache

Das utopische Gesellschaftsgebäude "Kosmopolitania" konnte längst das System der Kompromisse jenseits des Konkurrenzkonzerts symbolisieren, erweist sich historisch wie theoretisch als ein beachtlicher Wegweiser in den Morgen – wider den kulturalistisch kreierten Kometenkrach auf der immer wieder aufflammende Debatte über die integrationalen Impressionen. Diese wiederum werden von postmodernen Partikularismen nicht nur befruchtet, sondern auch intensiviert, jedwede Utensilien des Universalismus zu verdrängen. Hingegen werden von der ethnisch homogenen Harmonie abweichende Gesichtspunkte als gegebene Gegensätze verbalisiert und zum hartgesottenen Antagonismus zwischen dem islamischen Orient und christlichen Okzident erhoben.

So rückten im Teutomanen-Jahr des Welt-Fußball-Turniers die Episoden der sozialen Mißverständnisse völlig manipuliert ins Zentrum der öffentlichen Foren. Hier eignet sich Systematisch geschürte Furcht vor der Furie des herbeiphantasierten und mit dem Adjektiv "islamistisch" lokalisierten Terrortrubels dazu, eine Art Generalprobe-Poesie und provisorische Postille für spätere Notstandszsenarien zu erdichten.

Als erfolgssicherer Akt der dialogischen Akrobatik erwies sich das akademisch akklamierte Experiment, die ideologisch vorrätige prävalente Parallelität zwischen mulimischem Martyrium und zivilisatorisch markierter Primitivität zu zirkulieren, ihren Nährboden nachhinein zu zementieren. Damit sollte das Augenmerk der aufklärerisch aktiven Akteure auf die Prävention des Terrorimports gelenkt werden, wobei jeder Moscheengänger als Bombenleger in Verdacht gerät. Zugute kam den ausgefuchsten Krisenmanagern der Anti-Scharia-Schrei der Schattenscharlatane aus den Reihen der islamischen Community – als nützliche Laien und Lakaien der bewanderten Schickeria sowie der gelehrten Mittelschichten im Konvertiten-Konzert.

Tatsächlich wurde das Mega-Event im Vorfeld des Turniers als Triebfeder gebraucht, eine Exerzierarena für das Großaufgebot von Gendarm- und Geheimdiensten aufzubauen. Das kunstvoll kombinierte Konzept zielte kategorisch auf die präpotente Präsenz der Sicherheitskräfte, um die potentielle kollektive Rebellion gegen die krisenkapitalistische Tyrannei als Terror-Tortur zu fremdeln und als untertänige Zone ungezähmter Zombies zu paralysieren.

Die professionell positionierte populistische Propaganda versprach Sicherheit für die gutsituierten Gäste, hatte der Invasion der Boulevards durch periphere Prostituierte Einhalt zu gebieten und potentielle Migrantenmeuten aus dem Trikont abzuschrecken.

Zeremoniell zelebriert wie selten zuvor zeigen sich die Foren der Honoratioren. Die horrenden Gefahrenzonenszenarien und kassandrarufreif kultivierten Kapriolen der inneren Sicherheitsarchitektur lassen eine fingierte "Weltmeisterschaft" von Horden brüllender Fußball-Fans, die nur noch weiße Mäuse statt grüner Wiese sehen können, von finsteren Hooligans, fingerfertigen Langfingern, entmenschten Mädchenhirten und skrupellosen Menschenhändlern erwarten.

Weite Teile der Journaillen-Junta operierte mit so einem schöpferischen Einfall, als ob das Phänomen über Nacht und spontan aus seinem Versteck gesprungen kommt, um Geschichten zu vergegenwärtigen, wie z.B. die Glatzen Dunkelhäutigen auf den dunklen Trottoiren auflauern und sie krankenhausreif niederschlagen. Häßliche Bilder dunkler Gestalten tauchten wieder in Massen auf, obwohl längst die Erkenntnis vorliegt, daß das neorassistische Potential alles andere präsentiert als solche trivialen Schlägertypen.

Was seither auf dem Gemeinplatz des öffentlichen Diskurs-Zirkus kursiert, kann nicht allein als das Werk der Kurpfuscher abgefertigt werden. Fachkundige Fakten sind nicht fundiert. Auf welchem Drehbuch das Debatten-Theater basiert, läßt sich nicht dokumentieren. Wozu der Geheimdienst (BND) fähig ist, weiß man gerade. Mehr nicht.


Die attraktive Animation mit »national befreiten Zonen«, respektive No-go-Areas

Hochschnellen konnte aus dem Unteren in das Obere das Thema des Neofaschismus. Bekannte Gesichter der aufklärerischen Arena traten ins Rampenlicht. Manche schlossen sich empfindsam dem Orchester der Opfer-Sympathie an. Mancherorts krähten Trauer-Truppen theistisch theatralischen Temperaments, eigneten sich eine Terrasse im Terrain der Humanitas an.

Wachtmeisterlich registrierte Gewaltakte, die nach rassistischem Mist rochen und Stolperseine auf dem Weg der volksstaatlich gesteuerten Integrationsinitiativen legten, erregten gemischt verlaufende Gesprächsrunden zum Wohle der bundesdeutschen Dämonendorados.

Da wird plagiiert und als panisch realistisch präsentiert: No-go-Areas! Doch sie kann es im Umland jeder Metropole geben – anderswo als Rückzugsgebiete der Enteigneten. Sie können Szene- oder auch Bohemeviertel sein. Dort können sich jene Entmutigten finden und auch andere, die Gewalt ausüben, um ihrer materiellen Daseinsenge auszuweichen. Wer sich hier allen Ernstes befug zeigt, No-Go-Areas ins Szene zu setzen, ist zuvörderst der autoritäre Präventions- und Kontrollstaat selbst, nämlich mit seinen Anstalten und Anlagen zur Deportation der als überflüssig angeschwärzten Migranten.

In der Tat: Nicht aufgedeckt wurde der alte rabiate rassistische Bazillus, sondern vielmehr aufgeweckt. Bei Lichte besehen enthielt das Szenario den Aufruf an die radikalen Fliehkräfte der geladenen Volksgemeinschaft, als paramilitärischer Parade-Pakt zu patrouillieren.

Im Dunkel bleibt, welche klassenspezifische Prämissen und Dispositionen den Nährboden bilden, auf dem Rassismus gedeiht. Vom dichten Nebel bedeckt ist, wie bestimmte Interessenlagen den Blick kulturalistisch oder biologisch rassistisch einfärben. Anderenfalls genügen manchmal ganz banale Anlässe schon, latente Ressentiments zu wecken.

Menschenlandschaften sind längst durch die Maschen eines Systems gefallen, das mit den Nöten handelt und neben Gutsherren auch betuchten Privatiers gute Noten stattgibt. Das Banner der eliminatorisch rassistischen Sprüche bricht sich wieder Bahn – gegen die Barden der Barbaren.

Manisch realistisch eben: Die teils demokratisch dekorierten Gründer und Ordner der No-go-Areas zielen darauf ab, alles abzuschotten, was nicht ins Schema des durchschnittlichen Germanen paßt. Unterwegs zum global "lokalisierten" Zielbahnhof erscheint Domänen-Demokraten jedes Mittel recht zu sein, das Terrain der Minderbegüterten zu dämonisieren. Auch und vor allem das ist, was den banalen Menschenscharen im gegenwärtig inszenierten Gezänk gezielter Panikmache mit schwingt.


Marketender-Parade hinter Maskerade-Patrioten

Notabene: Abermalig manische fluchtartige Erkenntnis der Furcht vor "national befreiten Zonen" wird gerade noch vielleicht ein paar zornige Zotenreißer belustigen, das Gesamtfeld jedoch nicht antasten. Geheim gehalten wird dahinter die Absicht, die potentiellen Opfer so zu ängstigen, daß sie die Beine unter die Arme nehmen und bei den Behörden Schutz suchen. Und daß sie sich dann mit ihrem – nach sozial degradierten Unterschicht der ortsansässigen Überflüssigen – drittklassigen Status in den Lagern hinter Stacheldraht und Mauer abfinden oder einfach gleich remigrieren.

Panisch realistisch: Der Weltblick der einheimischen Parias wird auf die entrechtete Fremdlinge gelenkt – als primitive Parasiten unter Zivilisierten. Tragödien werden inszeniert, Barrieren zu Mauern mutiert. Die Abwehrabsichten gegen die asiatisch-despotisch-islamischen Invasoren erwachsen zu Generalangriffen.

Rassentümlich rechte Randalierer spielen retrospektiv konservative Revolution. Doch der germanophile Ständestaat ist dabei, sie mit Hilfe monetär modernisierter Repressalien, respektive Reformen, zu regenerieren. Generell tuten die Honoratioren des Hegemons in dasselbe Horn, wie Horen vor Homunkulus und Hooligans vor Horror warnen.

Ein bißchen Gesicht-Zeigen, etwas Zur-Geschichte-Hinneigen und schweigen, wenn sich die mehrerlei medial gemeisterte Aufgeregtheit nach der WM-Finale wieder gelegt hat? Daß das Thema rechtsextremes Gewaltgewebe unbehelligt in der Schublade bleibt?

Das ist sicher. Und die noble Staatsgewalt wird die neorassistische Denunziation der Habenichtse als parasitär degradierte Horden aus erster Quelle fortführen. Vermehrt und vehement.

Dem clownesk koalierten Chor gegen neofaschistische Fantasie-Fanfaren schloß sich Ende Mai 2006 auch das Staatsoberhaupt Horst Köhler an. Beim Abschied von Paul Spiegel, dem verstorbenen Zentralrats-Präsidenten der deutschen Juden, bemerkte er, "dass hier zu Lande Orte entstehen, an denen Menschen, die als Fremde wahrgenommen werden, fürchten müssen, dass ihre Würde verletzt wird, dass sie um ihre Gesundheit und sogar um ihr Leben bangen müssen."

Es geht bei all den heimgeigenden Geständnissen im Widerhall der herumkreisenden Kassandraruf-Kaskaden um mehr als um das Ansehen der "deutschen Heimat" im Ausland. Man kann es nicht letztendlich dadurch mehren, indem man eine systemparat stilisierte Kleinkunstbühnenkulisse kultiviert und experimentiert, dem aus der Retorte angesagten Kulturen-Crash einen humanitären Habitus zu stiften.


Virtuelle Variationen der humanen Varia zwischen Stigmatisation und Stimulation

Der Leitkultur des Laisser-passer-Allerlei folgend stolziert der Krakeelchor des nordisch weißen Imperiums unter der Standarte des "gerechten Krieges", um die angeborenen Instinkten des Menschengeschlechts im Kampf ums Überleben zu entstellen. Seine Dirigenten diktieren das Recht der Überlegenen, um jene den Mund zu verbieten, die im Gegenüber des Eldorado-Dominiums auf ein utopisches Ufer universaler Urbanität hinarbeiten.

Immer wenn die Akteure der Staatskunstbühne Dialog predigen, beginnen sie die Seiten zu veranschaulichen. Sofort werden die sinnfälligen Konturen des minoritären Gegengewichts zum minderwertigen Moment angekreuzt und in einem abgestumpften Sack zusammengepackt. Handgemeine Vorkommnisse in der Tretmühle werden als Nebenkosten des worthabenden Votums angerechnet, als Kollateralschaden einer ethnozentrisch hantierenden "Generalität", welche sich nicht im geringsten geniert, die zivilisatorisch humanitäre Genialität für sich in Anspruch zu nehmen. Gern spielt sie sich als Sicherheitshüter der gemein gesellschaftlichen Güter auf, aber nur wenn sie privatisiert sind.

Völkisch fundierte kulturalistisch korrespondierte Händel gegen die Überflüssigen mit migrantischem Werdegang gelten in (Fuß)Ball-Arenen scheinbar als Folklore, weniger als Bubenstreich. Nur mit etwas häßlichem Habitus, was jedoch längst als zeitnahe Kurzweil hervortritt, wie die Welt seine Inspirationsquelle während der Präsentation der Sieger-Maskerade des "Eurovision Song Contest 2006" in Athen zu Gesicht bekam: Nordisch identitäre Idealbilder.

Kurzum: Die amtierenden Akteure und Laien des ständestaatlich systematisierten Szenariums, seine Dramaturgen und Drehbuchautoren, fassen den expansiven Schauplatz der ethnisierten Konflikte als eine epochale Arena auf, auf deren Tribüne sie das breite Publikum zu zerstreuen versuchen, indem sie hin und her pendeln zwischen Betroffenheitsphrasen und Skandalsentiment oder im Floskelfluß schwimmen.

Es ist gerade das kritische, sozial sensible Bewußtsein, auf das sie abzielen mit dem Ansinnen, es in den Schatten zu stellen, geschweige denn an die Wand zu drücken. In der Stunde der Patronage-Patrioten dreht sich alles um den Triumph im Welt(Fußball)Krieg, der als einzig elementar brillantes Instrument taugt, um die enteigneten Menschenscharen zu blenden.


Ende Mai – Anfang Juni 2006

   

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